Einmal Menschenfleischpastete zum Mitnehmen bitte!

Dienstag, 04.08.2015

Zwischenstop in der Heimat und natürlich nicht ohne Theaterbesuch ... und diesmal wurde es blutrünstig! Deshalb folgt hier nun meine ganz eigene, subjektive und absolut ehrliche Kritik zur Inszenierung von "Sweeny Todd" durch die Marburger Waggonhalle:

Vorweg: Tim Burton is a genius ... und Jonny Depp sowieso! 

Bei der Marburger Inszenierung von "Sweeny Todd" handelt es sich um ein knapp zweistündiges Musical, welches durch eine 15 minütige Pause unterbrochen wird. Das Stück orientiert sich am gleinahmigen Film von Tim Burton, mit Jonny Depp in der Hauptrolle, wurde jedoch gut für die Bühne adaptiert und umgesetzt.

"Sweeny Todd" erzählt die Geschichte des Barbiers Benjamin Barker, der nach seiner jahrelangem Verbannung aus dem Exil ins viktorianische London als Sweeny Todd zurückkehrt und Rache an jenen nehmen will, die ihn seinerzeit unschuldig ins Exil schickten. Sein Hauptziel ist vor allem Richter Turpin, der Benjamin Frau und Tochter nahm und ihn unschuldig verurteilte. Zurück in London lernt Benjamin, alias Sweeny Todd, dann Mrs. Lovett kennen, eine erfolglose Pastetenbäckerin. Gemeinsam mit dieser eröffnet er seinen Barbiershop wieder und beschert Mrs. Lovett mit scharfer Klinge, zartes, saftiges Fleisch im Überfluss ...

 

"Sweeny Todd" ist eine schwarze Komödie die ebenso delikat wie blutig daherkommt. Ganze 7 Leichen kann der aufmerksame Beobachter zählen, wobei das im Laufe des Stücks gut florierende Pastetengeschäft eine deutlich höhere Dunkelziffer vermuten lässt. ;)

Das Bühnenbild ist schlicht aber gleichzeitig stimmungsvoll. Durch kleinere Umbauten werden im Verlauf des Stücks immer wieder neue Szenen etabliert und bespielt. Durch gut gesetzte Lichtwechechsel wurde der Zuschauer mit auf die Reise durch die Geschichten der Protagonisten genommen. Die gesanglichen Einlagen sowie die Übergänge wurden stimmungsvoll live durch Piano und Keyboard begleitet. Zudem wurde das Stück immer wieder auf die Zuschauerebene verlagert und diese auch angesprochen und mit ins Geschehen einbezogen. So streifte Sweeny Todd durch die Ränge der Besucher, auf der Suche nach geeignetem Frischfleisch und immer wieder nutzen die Darsteller auch den um die Zuschauertribüne erweiterten Bühnenraum für ihr Spiel.

Bei dem Ensemble handelt es sich nicht um professionelle Musicaldarsteller, die Amateurgruppe setzt sich jedoch durchaus aus erfahrenen Spielern und Sängern zusammen. Meiner Meinung nach eine Win-Win-Situation für alle, da ich mir durchaus vorstellen kann, dass beide Gruppen sicherlich voneinander profitieren und lernen. 

Wer jetzt ein Musical auf Hollywood- oder Brodwayniveau erwartet, könnte deshalb enttäuscht sein, jedoch kann sich die Leistung des Ensembles durchaus sehen lassen. Gesangliche Schieflagen, Patzer oder verpasste Einsätze fielen den vermutlich überwiegenden ungeübten Ohren des Publikums wahrscheinlich noch nicht mal so sehr auf. Was jedoch auffiel, war das Herzblut, mit dem alle Akteure bei der Sache waren und damit dem Publikum eine überzeugene Show lieferten. Insgesamt 18(!!!) Mal wird das Stück in der Marburger Waggonhalle im August aufgeführt, eine wahrlich beachtliche Leistung! Man kann wohl nur erahnen, welche Herausforderung das gleichzeitige Singen, Spielen und zum Teil auch Tanzen für die Darsteller sein mag, umso mehr ... Chapeau!

Somit bleibt mir nur zu sagen, vielen Dank an die Waggonhalle Marburg und das gesamte Ensemble, welches auf und hinter der Bühne für diesen kurzweiligen Abend sorgte, ich habe mich gut unterhalten gefühlt!

Also: Hingehen, Karte kaufen, Ansehen!

Foto: Oberhessische Presse vom 03.08.2015