Erziehung und Bildung in Island

Freitag, 31.07.2015

Durch meine Reise möchte ich unter anderem erfahren, wie andere Menschen leben und wie Familie, Erziehung und Bildung in anderen Kulturen funktioniert. Dieser Blogeintrag wird deshalb mal etwas fachlicher, denn ich möchte ein wenig über das Erziehungs- und Bildungssystem auf Island schreiben. An dieser Stelle auch einen schönen Gruß an all meine lieben Kollegen und Vorgesetzten vom Amt 51!  

Die Erziehung in Island ist eher antiautoritär. Es wird viel Wert auf die Selbstständigkeitsentwicklung der Kinder gelegt. Ihnen wird schon früh viel Verantwortung übertragen und sie werden dazu motiviert, selbständig zu sein. 

Momentan sind hier zwar Ferien, aber gestern durfte ich trotzdem die örtliche Schule besichtigen, nachdem ich nun auch schon ein paarmal im Kindergarten zu Gast war. Das Bildungssystem ist unserem recht ähnlich und doch anders. Die Kinder besuchen vom 3. bis zum 6. Lebensjahr den Kindergarten. Jüngere Kinder können auch aufgenommen werden.

Die Gruppen im Kindergarten und in der Schule sind altersübergreifend, was auch daran liegt, dass es oft nicht viele Kinder innerhalb eines Jahrgangs gibt. Auf den Schulen sind meist nur wenige Schüler, auf der die ich besichtigt habe waren es gerade mal 25 und 5 Lehrer.

Ab dem 6. Lebensjahr gehen alle Kinder gemeinsam bis zur 10. Klasse in die Grundschule, die sogenannte Grunnskóli. Dort wird viel mit offenen Systemen gearbeitet und es werden, gemeinsam mit den Kindern, Wochenzielpläne erstellt, wobei auch schon die Kleinsten lernen, sich Ziele zu stecken und gemeinsam darauf hin zu arbeiten. Die Unterrichtsfächer sind sehr alltagspraktisch angelegt und es wird viel Wert auf Werken, Kochen, Musik und Kunst gelegt.

Anders als in Deutschland kann man in Island nicht sitzen bleiben oder durchfallen. In den ersten Jahren gibt es keine Noten, erst ab der 5. Klasse findet eine Bewertung von Leistungen mit A, B, C und D statt. Noten gibt es erst in den letzten Schuljahren und diese dienen auch lediglich der Leistungsfeststellung für die Aufnahme auf den weiterführenden Schulen. 

Nach der 10. Klasse ist die Schulpflicht beendet. Danach gehen die Schüler entweder aufs Gymnasium, Menntaskóli oder Framhaldsskóli, oder eine Berufsschule, Verkmenntaskóli. Egal welchen Notenschnitt man hat, keiner wird abgelehnt auf dem Gymnasium. Schüler mit schlechteren Noten müssen jedoch zunächst noch ein Qualifizierungsjahr machen. Nach dem Abitur steht den jungen Menschen dann der Weg an die Universität offen.

Des weiteren gibt es in Island keine Sonderschulen für auffällige oder besonders schwache Schüler, es wird bei Bedarf extra Personal bereitgestellt, welche die betroffenen Schüler immer wieder zur Seite nehmen und extra fördern.

Die Schule, die ich besichtigt habe, hat mir super gefallen. Es war ein sehr kleines aber modernes Gebäude, raumoffen, hell und in verschiedene Lernzonen unterteilt. Außen gab es einen einladenden Abenteuerspielplatz, sowie einen kleinen und großen Fußballplatz. Am meisten beeindruckt hat mich jedoch die Außenschule, ein Klassenzimmer im Wald. Dort gab es Feuerstellen, Bachläufe, Brücken, Hängematten, Niedrigseilgärten, Affenschaukeln, Beete und eben viel Natur ... und alles war von den Schülern handgemacht.

In den Ferien werden die älteren Schüler dazu angehalten, wohltätige Arbeiten für die Gemeinde zu leisten, was diese auch meist gerne tun. Insgesamt wirken die isländischen Kinder sehr glücklich, ausgeglichen, wohlerzogen und gut gebildet.